Zu viel zu sagen, zu wenig Zeichen.

DESIGNALLTAG – Von Designern, ihrer Kreativität, ihren Arbeitsweisen, ihren Auftraggebern, ihren Projekten und vielem mehr – eine Serie des designforum Vorarlberg in der Thema Vorarlberg. Ein Text von Simone Angerer.

DESIGNALLTAG – Von Designern, ihrer Kreativität, ihren Arbeitsweisen, ihren Auftraggebern, ihren Projekten und vielem mehr – eine Serie des designforum Vorarlberg in der Thema Vorarlberg.

 

Mein Designalltag beginnt. Meine Blickrichtung wechselt vom alten Holztisch, auf dem Oma schon Juppen genäht hat, zum Kachelofen, zur Kaffetasse, zum Computer, zur offenen Tür. Ich habe es sehr gerne, wenn das Geschehen im alten Bauernhaus mit verfolgbar ist. Wenn Mama bei jedem Mal vorbei gehen rein „gückselt“, wenn Babyneffe Ferdinand rein krabbelt und für Ablenkung sorgt. Ferdi ist weg und ich kann mich wieder konzentrieren. Spam, Spam, Spam und To-Dos. Ich finde in meinen Workflow zurück, denn der ist roter Faden und die Nummer Eins in meinem Alltag.

Es geht zum einen um Organisation und Kommunikation. Schnell Nina auf Slack anstupsen und sicher gehen, ob sie die T-Shirts in der Druckerei abgeholt hat. Abklären, ob Dominik den Text schon abgetippt hat. Bei Agnes nachfragen, ob man das Wasser direkt im Stockwerk abstellen kann oder nur über die Hauptwasserleitung in der „Guten Stube“? Es läutet, es ist Clemens, wie verabreden uns in seinem Geschäft, um das neue Gestaltungs-Konzept durchzugehen. Es geht heute um die Farbtöne für die Wände, und die Frage wo ich hochwertigen Teppich mit den Maßen fünf mal drei Meter herkriege. Bestätigungs-Mails für den Keramik Workshop mit Alex. Abrechnung der Reisekosten von der Designmesse in Paris, dazwischen Whats-App. Bene sendet ein Foto, wie ich in einem Spaceanzug für 200 Menschen Frühstück auftischen und wir gemeinsam an neuen, digitalen Innovationen hacken.

Ich lache, freue mich und finde zum Workflow zurück. Gestaltung ersetzt Kommunikation und InDesign, E-Mail. Bereite die neue Verpackungsmuster für Iris vor. Ich mache mit den Mutationen des Sujets für den Finest Designmarkt weiter. Es sind so viele und Eichhörnchen Erik ist überall. Ein bisschen Ping-Pong spielen mit dem Design, dass Nicholas abgespeichert hat. Abspeichern, jetzt ist er wieder am Zug. Lange hadern und im engen Gestaltungs-Kreis nachfragen, ob ich mich denn wirklich trauen kann die Fraktur einzusetzen. Ja – die Fraktur bekommt jetzt einfach einen Rosaroten Hintergrund, dann fühle ich mich sicher. Fotos reinzeichnen, letzter Feinschliff im Satz und Druck-PDF erstellen. Fertig. Der Kaffee ist kalt, auswechseln. Fünf Minuten Pause im Kopf.

Social Media checken und so ein hässliches Neidgefühl in der Magengegend bekommen. Da ist er wieder, mein Trigger. Immer wenn ich sehe, was diese Person macht, passiert das. Ich rufe Sara im Senegal an, erzähle, frage nach, sie versteht und wir reden über die Menschlichkeit in der Kreativszene und der Wert der Community. Feststellen, dass es menschlich ist, eigentlich nicht meine Welt, aber eine meiner persönlichen Herausforderungen. Ich lege auf, bin beruhigt, weil ich weiß: Community over Competiton! Fördern und vermitteln für das große Ganze. Menschen mit Design und Design mit Menschen verbinden. Denn das bin ich und das macht mich aus, auch wenn manchmal mein Selbstverwirklichungs-Ego durchkommt und um Anerkennung bittet.

Mein Name ist Simone Angerer und ich bin Gestalterin und Wegbereiterin. Selbstständig und fix angestellt beim Projekt „Die Gute Stube“ in Andelsbuch. Zu viel zu sagen, zu wenig Zeichen.

Mehr Infos unter: www.simoneangerer.com
Erschienen im Oktober 2019 in der Thema Vorarlberg.
www.designforum.at/vorarlberg